In der unnachahmlichen Diktion des Noch-Amtierenden könnte man es „Doppel-Wumms-Bazooka-Hammer“ nennen. Die Übersetzung aus der Ex-Kanzlersprache lautet dann etwa: doppelte Schuldenberge für Kriegsertüchtigung und vernachlässigte Basisfunktionalitäten! Alles Grundprobleme der letzten zwei Dekaden; verursacht durch die heutigen Koalitionäre in deren damaliger Regierungsverantwortung!

Abgewählte Steigbügelhalter des verlogensten Kanzlerkandidaten aller Zeiten wollen den Blankoscheck für eine Giga-Schuldenorgie beschließen. Weit über 1.000 Milliarden,- fast die kompletten Staatseinnahmen eines Jahres auf einmal! Ein gültiger Haushalt für das Jahr 2025 steht zwar immer noch aus, allerdings steht bereits ein öffentliches Finanzierungsdefizit von mindestens 108 Mrd. € fest (Stand Januar; s. Anmerkung 1) am Ende). Gegenklagen schmettert das Bundesverfassungsgerichtes im Eilverfahren ab, und winkt damit einen Ermächtigungsrahmen für die größte Verschuldungsparty der deutschen Politik in Friedenszeiten im Schweinsgalopp durch. Man könnte es höflich einen „Skandal“ nennen.

Was aber wie das schlechte Drehbuch eines B-Movies der 70er über die Machenschaften von schmierigen lateinamerikanischen Polit-Gangstern in dunklen Hinterzimmern aussieht, passierte gerade im März 2025 in Deutschland unmittelbar nach einer Bundestagswahl vor aller Augen. Wir nennen es entsprechend einen: „finanzpolitischen Staatsstreich“ (Alice Weidel).

Missachtung des Wählerwillens und parlamentarischer Gepflogenheiten

Im Umgang der Verfassungsorgane untereinander hat der Grundsatz verfassungstreuen Verhaltens zu gelten. Sie dürfen sich nicht gegenseitig in den Rücken fallen. Im Verhältnis zwischen altem und neuen Bundestag bedeutet das, daß diese Organe sich nicht gegenseitig hintergehen sollen. Der alte Bundestag hat demnach trotz formaler Kompetenz verfassungspolitisch lediglich eine Treuhänderfunktion, und ist durch den aktuellen Wählerwillen nicht mehr als Gestaltungsorgan legitimiert! Am allerwenigsten für weitreichende Grundgesetzänderungen im Bereich der Finanzverfassung mit erheblicher Tragweite für die Zukunft und die zukünftige Generation. Vor diesem Hintergrund ist die Eskalation des Wordings in den Debatten vom 13. und 18.03.2025 nur allzu verständlich. Vorausgegangen waren jeweils noch einige durchaus sonderbare Manöver im Ältestenrat und im Haushaltsausschuß, die sich eindeutig im Jenseits guter parlamentarischer Gepflogenheiten befanden. Unser MdB Bernd Baumann hatte darüber ausführlich berichtet.

Pinocchios neue Abenteuer

War der Ex-Kanzler noch mit Abtauchen, selektivem Gedächtnis und Comic-Sprache notorisch auffällig, schlägt der Neue im Märzen den Ex mit dreisten Lügen, Wahlbetrug und völlig verfehlten Einschätzungen um Längen. Im Gegensatz zur Figur von Carlo Collodi („Le Avventure di Pinocchio: Storia di un Burattino“- also: Geschichten eines Hampelmanns) hat der Auferstandene noch zusätzlich prägnante Ähnlichkeiten mit dem Scheinriesen „Tur-Tur“ von Michael Ende. Eine gnadenlose Mischung.

Die Begründungen von Merz zur unbedingten Eile der Grundgesetzänderungen waren als grandioses Getöse dem Benehmen eines Möchtergern-Riesen angemessen, jedoch bei genauem Hinsehen schlichtweg marginaler Unsinn. Nur weil der ukrainische Präsident vor einigen Wochen einmal im Oval-Office etwas unschön behandelt wurde, hat sich die Weltlage nicht wesentlich geändert. Daß der Aufwand für die deutsche Verteidigungsfähigkeit erhöht und stabilisiert werden muß, und unsre Infrastrukturen in Deutschland jahrzehntelang dem Verfall preisgegeben wurden, sind auch keine breaking-news.

Der wirkliche Grund für das schmierige Manöver dürfte also (neben Verteilungsspielchen im neuen Koalitionsreigen) vor allem in strategischen Überlegungen zur Ausschaltung der FDP zu verorten sein. Wenn der lange Sauerländer so kalkuliert hat, gibt es im neuen Bundestag, nach Lesart der Kartellparteien, jenseits der CDU keine legitime bürgerliche Kraft mehr! Ausschließlich dafür hat er sich vor der Wahl als Gralshüter der Schuldenbremse installiert. Und weil die FDP jetzt weg ist vom Fenster, kümmert ihn sein Geschwätz von gestern natürlich auch nicht mehr. Mission erfüllt. Konsequenterweise schlägt die Kabarettistin Simone Solga denn auch den „Lügenbeutel“ als Merchandising-Artikel für die CDU vor. Eines ist ganz sicher immer drin: viel heiße Luft!

Reformneutraler Freibrief für konfliktfreies Regieren?

Statt den anstrengenden und einzig sachlich richtigen Weg über Konsolidierung und notwendige Umstrukturierungen des Bundeshaushaltes zu gehen, einschließlich der notwendigen Zumutungen für die Bevölkerung, wählt man die Verschleierungstaktik der Methode „Wundertüte“. Bei entsprechend gewählter Größe kann man jede Menge normales „Wohltatenmaterial“ unterbringen und Reformdruck zum Verschwinden bringen. Man kann aber auch durch vielfältige Beklebung mit großen Sprüchen „Open-Mouth-Policy“ betreiben („kriegstüchtig werden“, „Resilienz stärken“ etc.). Außerdem hat man sich vor einer sachlogisch fälligen Grundsatzdebatte über etwaige Reformen der Schuldenbremse gedrückt, wenn auch um den Preis der Erpressbarkeit durch den Wahlverlierer SPD. Ist das wirklich der bequeme Weg des geringsten Widerstands? In jedem Fall wird der betrogene Wahlbürger als Opfer billigend in Kauf genommen.

Die Reaktion der Märkte und der Fachwelt zeigen allerdings sehr schnell und sehr eindeutig: der eingeschlagene Weg kann sich als eine gefährliche Sackgasse erweisen. Tendenzen zur Zinssteigerung zeigten sich sofort an den Anleihemärkten. Weitere Anspannungen sind sehr wahrscheinlich, zumal die Finanzspielräume wichtiger europäischer Partner (Frankreich, Italien) deutlich enger begrenzt sind. Der Druck auf EU und EZB wird weiter angeheizt; eine gefährliche Spirale aus steigenden Schulden, zunehmender Inflation, weiter steigendem Zinsdienst, Bonitätsverfall und Euro-Abwertung wird angeheizt.

Die Wirtschaftspresse titelt entsprechend der möglichen Risiken mit Verweis auf die möglichen Verdrängungseffekte am Kreditmarkt: „Finanzpaket verschlimmert Lage im Wohnungsbau“ (HB, online, 25.03.2025). Das Ergebnis ist zusätzlicher „sozialer Sprengstoff“, der sich durch weitere Anspannungen am Wohnungsmarkt ergibt. Bezogen auf die möglichen Inflationsrisiken kommt die Bundesbankvorständin Fritzi Köhler-Geib in vornehm zurückhaltendem Ton zu dem Fazit: „Die angedachten Möglichkeiten zur Verschuldung erscheinen mir allerdings sehr weitgehend.“ (s. unten, Anmerkung 2).

In den beiden folgenden Artikeln zum Thema werden wir die ökonomischen Auswirkungen weiter beleuchten. Außerdem wird der Bogen geschlagen zur nächsten Serie „Agenda 27“, der vorweggenommenen Bilanz des Scheiterns einer zukünftigen Regierung anhand einer Reihe einschlägiger Konzeptbeschreibungen und Kennzahlen.


1) DESTATIS: Pressemitteilung Nr. 012 vom 10. Januar 2025

  • Defizite der Gemeinden und der Sozialversicherung gegenüber dem Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt
  • Bund, Gemeinden sowie Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung deutlich im Minus – Länder nach Überschuss im Vorjahreszeitraum ebenfalls defizitär

WIESBADEN – Der öffentliche Gesamthaushalt hat in den ersten drei Quartalen des Jahres 2024 rund 5,9 % mehr ausgegeben und rund 5,1 % mehr eingenommen als im Vorjahreszeitraum: Einnahmen von 1 405,8 Milliarden Euro standen Ausgaben von 1513,3 Milliarden Euro gegenüber. Damit verzeichneten die Kern- und Extrahaushalte von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung in den ersten drei Quartalen 2024 ein – in Abgrenzung der Finanzstatistik errechnetes – Finanzierungsdefizit von rund 108 Milliarden Euro. Damit war das Defizit rund 16,1 Milliarden Euro höher als im Vorjahreszeitraum.

2) Handelsblatt (online), 20.03.2025: „Daten, KI und Cloud: Wie die Bundesbank die digitale Zukunft gestaltet“, Interview mit Fritzi Köhler-Geib

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